Am 28. Juni 2012 referierte Herr Dr.-Ing. Dirk Boenke , Gruppenleiter Verkehr & Umwelt Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlgaen e.V.zum Thema
"Nachhaltiger Nahverkehr - Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen im ÖPNV"
Die STUVA ist eine Gemeinnützige Forschungseinrichtung Sitz in Köln und wurde im Jahr 1960 gegründet.
Auch für das Thema ÖPNV gelten die auch in anderen Bereichen allgemein angewandten Nachhaltigkeitskriterien. Sie wird in den 3 Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Soziales dargestellt.
Der Referent stellte beispielhaft umweltschonende und energieeffiziente Möglichkeiten für eine Verbesserung des Umwelt- und Klimaschutzes aus allen Bereichen des ÖPNV vor und erläuterte, wie Maßnahmen im Rahmen eines Gesamtkonzept umgesetzt werden könnten:
Elektromobilität z.B wird im ÖPNV seit über 100 Jahren praktiziert, aktuell jedoch von der Politik in der Diskussion nahezu vollständig ausgeblendet.
Grundsätzlich ist der ÖPNV als das Rückgrat der innerstädtischen Mobilität anzusehen. Sein Ausbau bewirkt allgemein Verbesserungen beim Umwelt- und Klimaschutz, steigert die Mobilität aller Bevölkerungskreise und ist nicht zuletzt auch ein bedeutender lokaler Wirtschaftsfaktor. Der ÖPNV ist damit nach allen drei Kriterien grundsätzlich als nachhaltig zu bewerten.
Darüber hinaus bestehen jedoch in allen Wirkungsbereichen (Planung, Bau, Betrieb, Personal und Finanzierung) des Systems Verbesserungspotentiale, die einzeln oder im Zusammenwirken das Nachhaltigkeitsergebnis positiv beeinflussen können:
Stadtentwicklung:
Die Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln mit immer höherer Kapazität und Reisegeschwindigkeit hat die Stadtentwicklung bis in die heurige Zeit maßgeblich beeinflusst . Zum einen wurde der Aktionsradius vergrößert, zum anderen erzeugten diue immer leistungsfähigerenb Verkehrsmittel auch unerwünschte Effekte wie Zersiedelung und Suburbanisierung.
Der innerstädtische U – Bahnbau hat z. B. wieder Stadträume geschaffen, die nicht mehr für Verkehrszwecke in Anspruch genommen werden müssen.
Siedlungsschwerpunkte sind idealerweise entlang der ÖPNV – Achsen anzuordnen, die Verdichtungsgrade nehmen mit größerem Abstand von den Haltestellen ab.
Als Beispiel nannte der Referent das britische BRT – Projekt Kent Thameside: In der Stadtentwicklungsplanung wurde ein leistungsfähiges BRT – System von vornherein mit eingeplant und eine mit größerem Abstand von dieser Achse abnehmende Nutzungsdichte vorgesehen. Das ÖPNV – Angebot ist von vornherein Bestandteil der Siedlungsentwicklung und sollte schon zu Beginn der Bautätigkeit zur Verfügung stehen. In den den Häusern zeigen z.B Infotafeln die aktuellen Abfahrtzeiten an, andererseits wurde die Zahl der Pkw – Stellplätze reduziert. Im Ergebnis lagen die Fahrgastzahlen 50% über dem erwarteten Wert.
In Deutschland wurde mit der Stadterweiterung Freiburg – Vauban vergleichbar vorgegangen, allerdings ging die vorgesehen Straßenbahn - Strecke teilweise erst nachträglich in Betrieb.
Fahrbetrieb:
Der Erfolg von Beschleunigungsmaßnahmen wurde anhand eines Beispiels der Münchner Straßenbahn demonstriert. Von den möglichen Ursachen für Fahrzeitverluste hatten die Verlustzeiten an LZA die mit Abstand größte Bedeutung, so dass die Signalanforderung durch ÖPNV – Fahrzeuge mittlerweile eine unverzichtbare Standardausstattung im innerstädtischen Verkehr sein sollte. Ein neuerer Ansatz ist die „adaptive Steuerung“: für Gesamtverkehr, die den ÖPNV nicht mehr absolut priorisiert, sondern den reibungslosen Ablauf des Gesamtverkehrs und eine daraus resultierende Emissionsminderung zum Ziel hat. Auch bei diesem Ansatz profitiert der ÖPNV immer noch mit 5 – 230% Reisezeitvorteil. Durch energiesparendes Fahren kann eine Einsparung von Energie bis zu bis 50% erzielt werden.
Verkehrsträgerübergreifendes Mobilitätsmanagement:
In mehreren Großstädten (z.B. Düsseldorf, Hannover) bieten die Verkehrsunternehmen mittlerweile Mobilitäts – Komplettpakete an, wobei neben dem Zeitfahrausweis für den ÖPNV auch die Nutzung von Car – Sharing und Mietfahrrädern integriert ist. In Hannover werden zusätzlich Lieferdienste und Taxidienst in das Angebot integriert.
Haltestellen:
Die Beleuchtung kann erfolgt über Photovoltaik erfolgen – Anlagen auf dem Haltestellendach, mittlerweile auch bei Haltestellen in zentraler Innenstadtlage. Hierdurch kann auf die Verlegung von Versorgungsleitungen verzichtet werden.
In Dresden gibt es erste Versuche mit geothermischer Bahnsteigheizung bei winterlichen Betriebsverhältnissen.
Tageslichtschächte bzw. – säulen kommen auch in U – Bahnstationen zum Einsatz, wenn es bautechnisch möglich ist. In Verbindung mit einer sensorgesteuerten Beleuchtung, kann eine Stromeinsparung erreicht werden.
Durch eine verbesserte Lichtberechnung konnte auf dem U – Bahnhof Hamburg Sternschanze die Anschlussleistung um nahezu 50% reduziert werden. Weitere Einsparpotentiale bei niveaufreien Anlagen des ÖPNV gibt es bei Aufzügen und Rolltreppen.
Fahrweg:
Das „grüne Gleis“ oder Rasengleis bietet nicht nur optisch Vorzüge: Durch die zusätzliche Bepflanzung werden mehr Luftschadstoffe gebunden. Das anfänglich aufgetretene Problem, dass die Schienen im Rasengleis beschleunigt korrodierten, ist mittlerweile durch verbesserte Wasserabflüsse behoben.
Für neue innerstädtische Bahnsysteme besteht künftig die Möglichkeit einen oberleitungsfreier Betrieb durchzuführen. Hier befinden sich mehrere Systeme in der Entwicklung oder auch bereits in der alltäglichen Anwendung, wie die Versorgung über eine Stromschiene unterhalb des Straßenpflasters (Bordeaux) oder das Fahren mit kleineren Energiespeichern, die an Haltestellen aufgeladen werden.
Eine Durchkupplung der Netze erzeugt Rekuperationsraten von bis zu 30%, es ist aber weiterhin ein zeitgleiches Bremsen und Anfahren eines anderen Fahrzeuges erforderlich, wobei die Leitungsverluste mit zunehmender Entfernung der Fahrzeuge voneinander zunehmen. Alternativ kommen Speicheranlagen auf den Fahrzeugen selbst oder Streckenspeicher in Betracht.
Zur Beheizung einer U – Bahnstation wird mit einem Wärmetauscher Wasser aus einem Düker verwendet, welcher die Station unterquert. Das gekühlte Wasser kommt wiederum zur Kühlung eines Rechenzentrums zum Einsatz.
Betriebshöfe, Werkstätten
Am Beispiel des neuen Betriebshofes Gerwigstraße in Karlsruhe erläuterte der Referent wie nachhaltige Lösungen auch in einem Komplettpaket realisiert werden können. Als besonders gelungene Details benannte er die Einhausung der Gleisharfe, die Ausbildung eines Schallschutzriegels und die Integration einer Kindertagesstätte.
Anschließend erläuterte der Referent ein Beispiel aus Hannover, bei welchem der auf den Dächern durch Photovoltaik erzeugte Gleichstrom ohne Transformation direkt als Fahrstrom eingespeist wird. Zur energieeffizienteren Nutzung wird zusätzlich ein Speicher verwendet, welcher Solarenergie zwischenspeichert, falls kurzzeitig kein Abnehmer vorhanden ist.
Fahrzeuge:
Schließlich bestehen auch bei Bau und Betrieb der Fahrzeuge selbst noch erhebliche Verbesserungspotentiale. Zwar ist z.B. Euro II Bus ist bei mittlerer Besetzung um 50% günstiger als ein Euro IV – Pkw, hier sollte sich der ÖPNV jedoch weiteren an ihn herangetragenen Verbesserungswünschen nicht verschließen. Leichtbau bleibt sowohl für den Bus als auch für die Bahn eine ständige Anforderung, wenn die Energieverbräuche sinken sollen.
Als abschließende Forderung benante Herr Dr. Boenke die vermehrte Berücksichtigung von Umwelt – und Klimaschutzstandards bei der Verkehrsförderung, wobei in der Auswahl ein höherer Standard auch mit einer höheren Förderung bedacht werden sollte.
Ebenso sollte die aktuelle Doppelbelastung des ÖPNV durch Stromsteuer und Emissions -Zertifikatserwerb ausgeglichen werden.
Schließlich müsse auch die Finanzkraft der Gemeinden weiter gestärkt werden. Letztlich sind es die örtlichen Gebietskörperschaften, welche über Umfang und Qualität des ÖPNV – Angebotes entscheiden.
Die gezeigten Präsentationsfolien finden Sie im Download - Bereich.
weitere Informationen: http://www.stuva.de