Eine Seilbahn als städtisches Verkehrsmittel – auch geeignet für Städte in Europa, Fallbeispiel Wuppertal

Vortrag von Herrn Günther Troy und Herrn Rene Schuchter, Doppelmayr Seilbahnen GmbH

 

Seit etwa 2 Jahren wird in Wuppertal das Projekt einer Seilbahn auf der Strecke Hauptbahnhof – Universität – Schulzentrum Süd verfolgt. Ausgelöst wurden diese Überlegungen durch erfolgreiche Beispiele urbaner Seilbahnen, insbesondere in Koblenz, wo sich die ursprünglich nur vorübergehend für die Zeit der Bundesgartenschau 2011 geplante Seilbahn mittlerweile als fester unverzichtbaren Bestandteil des städtischen ÖPNV etabliert hat.

 Am 22.01. stellten die Herren Günther Troy und Rene Schuchter von der Herstellerfirma Doppelmayr Seilbahnen GmbH bei einer DVWG – Veranstaltung die verschiedenen Modelle und die Anwendbarkeit des Systems auch für Wuppertal vor.

Zudem wiesen sie auf einige Probleme in der politischen Umsetzung eines solchen Projekts hin.

Das gegenwärtige Typenspektrum von Seilbahnen für den urbanen Verkehr umfasst im Wesentlichen 3 Bauarten:

1)    Pendelbahnen, 2 Großkabinen für bis zu 200 Fahrgäste, Höchstgeschwindigkeit bis zu 45 km/h, Kapazität abhängig von der Streckenlänge, 2 Tragseile, 1 Zugseil

2)    Einseil – Umlaufbahnen Kleinkabinen für bis zu 8 Fahrgäste, Höchstgeschwindigkeit bis zu 22 km/h, Kapazität 3.600 Personen/Std.

3)    Dreiseil – Umlaufbahnen Kabinen für bis zu 35 Fahrgäste, Höchstgeschwindigkeit bis zu 31 km/h, Kapazität 5.000 Personen/Std. 2 Tragseile, 1 Zugseil

Die Verfügbarkeit der derzeit verkehrenden urbanen Seilbahnen liegt durchweg bei > 99%. Das Koblenzer System kann bei Windgeschwindigkeiten bis 100 km/h betrieben werden. Die Geschwindigkeit der abgekuppelten Kabinen in den Stationen liegt bei 12 cm/sec und ermöglicht auch Rollstuhlfahrern ein selbstständiges Ein – und Aussteigen. In einem Störungsfall sollen alle Kabinen in die Stationen zurückgefahren werden können, daher sind in Koblenz die Berg – und Talstation mit jeweils einem Hilfsantrieb ausgerüstet.

Die Lebensdauer des Gesamtsystems liegt bei etwa 30 Jahren, wobei die Zugseile regelmäßig zu überprüfen sind und dann aber auch eine Lebensdauer von 40 Jahren erreichen. Tragseile werden etwa im 6 – Jahres – Turnus „verzogen“, d.h. in ihrer Lage verändert. Sie verfügen hierzu über Längenreserven, die in der Bergstation von einer Trommel  abgewickelt werden. In der Talstation wird sodannein entsprechendes Stück abgeschnitten.

 Zur Situation in Wuppertal:

 In Wuppertal besteht mit der Bergischen Universität, Campus Grifflenberg ein bedeutender dezentraler Verkehrserzeuger, dessen Bedeutung durch steigende Studierendenzahlen langfristig mindestens gleich bleiben wird. An der Endhaltestelle Schulzentrum Süd (SSLZ) steht ein ausbaufähiger Verknüpfungspunkt zur Verfügung. Bei einer Streckenlänge von insgesamt. 3.000 m würde die Seilbahn einen Höhenunterscheid von ca. 180 Metern überwinden.

Die derzeitige Bedienung dieses Korridors erfolgt ausschließlich mit Buslinien. Diese weisen nur geringe Reisegeschwindigkeiten auf und werden oftmals durch verkehrliche und witterungsbedingte Einflüsse beeinträchtigt. Ein teilweiser Ersatz durch eine Seilbahn würde zu bedeutenden Einsparungen im Pkw – und Busverkehr im Umfang von täglich ca. 4.000 Pkw – und 180 Busfahrtenführen und damit beachliche Umwelteffekte erzielen.

 Zur weiteren Bearbeitung des Projekts bildete sich unter Vorsitz der WSW Mobil GmbH eine Arbeitsgruppe verschiedener Institutionen. Eine erste Teilaufgabe bestand darin, Standorte für die Stationen unter Berücksichtigung der sich daraus ergebenden Linienführungen und Grundstücksbetroffenheiten,  sowie der Planungen für den Ausbau Döppersberg zu finden bzw. auszuschließen. (s.Abb). Falls eine direkte Linienführung über die vorhandene Bebauung nicht durchsetzbar sein würde, wurde eine alternative Führung im Straßenraum - verbunden mit einem Umweg und einer zusätzlichen Zwischenstation  am Bf. Steinbeck - mit betrachtet. Nachfolgend wären geeignete, d.h. baurechtlich zulässige Positionen für die insgesamt 5 Zwischenstützen festzulegen.

Die Referenten erwähnten hier einige typische Mittel und Argumentationen von Projektgegnern in Hamburg: So würden zur Verfügung gestellte Visualisierungen grafisch so verfremdet, dass die Seilbahnanlage auf den Bildern eine erdrückende Wirkung zu Lasten des Landschaftsbildes hat. Dagegen wären letztlich in allen Städten, die eine Seilbahn eingeführt hatten, die Bürger trotz anfänglicher Proteste hochzufrieden gewesen, als die Seilbahn in Betrieb ging.

Zwischenzeitlich hat das Wuppertaler Projekt kommunalpolitisch Rückendeckung erhalten, in dem es als eines von 13 Projekten in das „Zukunftsprojekt Wuppertal 2025“ aufgenommen wurde.

An der Universität haben sich die Fachbereiche Architektur und das Fachzentrum Verkehr des Fachbereichs Bauingenieurwesen vertieft mit dem Thema befasst: So erarbeitete das Fachzentrum Verkehr im Rahmen eines Master – Kolloquiums ein Konzept für eine Anpassung des verbleibenden Busliniennetzes. Das Konzept sieht die Einrichtung von 2 neuen Ringlinien zur Feinerschließung anstelle der derzeitigen Linien vor, welche an der Seilbahnstation Universität verknüpft werden. Es ergäbe sich ein erhebliches Einsparpotential, welches zumindest die künftigen laufenden Betriebskosten der Seilbahn deutlich übersteigt.   

 Die Studierenden der beiden  Fachbereichs Architektur lieferten zudem einige sehenswerte Vorschläge für die Gestaltung der Stationen.

  Auslegung der Anlage:

Das derzeitige Busangebot bietet eine Kapazität von ca. 2.700 Personen pro Stunde und Richtung. Eine Seilbahnverbindung könnte hier, zumindest einen „Schienenbonus“ von 15% realisieren, so dass die Anlage auf eine Kapazität von 3.100 Personen pro Stunde und Richtung auszulegen ist.

Ausgegangen wird von dem in Koblenz realisierten Anlagentyp einer Dreiseil - Umlaufbahn mit Großkabinen für 35 Fahrgäste. Dieser Kabinentyp eignet sich besonders für den Einsatz im städtischen ÖPNV bei dem eine Mitnahme von Rollstühlen, Fahrrädern und Kinderwagen gefordert ist. Zur Erreichung der geforderten Kapazität von 3.100 Fahrgästen pro Stunde und Richtung sind stündlich ca. 90 Kabinenabfahrten und damit eine Taktzeit von 45 Sekunden erforderlich.

 Die Betriebszeiten in Wuppertal betragen werktags 05.00 Uhr - 0.30 Uhr, Sa / So 06.00 Uhr – 0.30 Uhr: zuzüglich Veranstaltungen in der Universität / Uni – Halle

 Die Höhe der Baukosten incl. Planung und Grunderwerb wurde zu Beginn für eine Seilbahn in direkter Linienführung mit etwa 35 Mio.-€ angenommen.

Bei Erhalt einer Zuwendung aus GVFG – Mitteln oder einer entsprechenden Nachfolgeregelung würden die laufenden Belastungen aus Betriebskosten und Kapitaldienst je nach Fördersatz den Aufwand des derzeitigen Busbetriebs z.T. deutlich unterschreiten.

 Rechtsfragen:

Die Planung einer innerstädtischen Seilbahn, die zudem über bebaute Grundstücke geführt werden soll, ist bisher in Deutschland und auch dem angrenzenden europäischen Ausland noch ohne Vorbild. Die Beispiele aus Südamerika lassen sich sind aufgrund unterschiedlicher Bau- und Planungsrechtsgrundlagen nicht auf Deutschland übertragen. Nach Aussage der Referenten wurde dort die Überquerung von bebauten Grundstücken ohne nähere Auflagen oder Entschädigungsregelungen zugelassen. Hierzulande enthalten Seilbahngesetze und technische Ausführungsvorschriften keinerlei Hinweise oder besondere Vorschriften für den Fall einer Streckenführung über bebautes Gelände, andererseits aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Linienführung  grundsätzlich ausgeschlossen wäre. Über die Zulässigkeit dieser Ausführungsart ist daher im Einzelfall im Planfeststellungsverfahren unter Abwägung der im Anhörverfahren vorgetragenen Belange zu entscheiden. Hierbei können zum Schutz der möglicherweise betroffenen Anwohner, aber auch der Seilbahnanlage selbst Auflagen ergehen, z.B. die Einhaltung einer Mindest – Überfahrhöhe, aber auch die brandschutztechnische Nachrüstung von Gebäuden im Bereich der Seilbahntrasse. Weitere Einwände könnten sich aus dem öffentlichen Baunachbarrecht, insbesondere zur Einhaltung von Gebäudeabständen und rückwärtiger Ruhezonen / Einsichtnahme ergeben. Zur Verminderung dieser Auswirkungen könnte es daher empfehlenswert sein, die Seilbahn auch in freiem Gelände möglichst hoch zu führen. Dies würde jedoch wiederum höhere Zwischenstützen erfordern, welche entsprechend vergrößerte Abstandflächen (0,5 h) auslösten. Ihre Unterbringung in der Elberfelder Südstadt würde dadurch weiter erschwert.

Entschädigungen sind den Grundeigentümern zu leisten, über deren Grundstücke die Seilbahn geführt wird, zum anderen für notwendige bauliche Anpassungsmaßnahmen an Gebäuden entlang der Trasse. Dem Seilbahnbetreiber ist für die Überquerung der Grundstücke ein Wegerecht zu bewilligen, welches notfalls im Wege der Enteignung erlangt werden kann. Die Höhe der Entschädigung errechnet sich mit Streckenlnänge x Schutzstreifenbreite x Verkehrswert x 10% 

Weiteres Vorgehen:

In 2014 wurde durch die WSW eine Machbarkeitsstudie beauftragt.

Deren Ergebnis ist Grundlage für die standardisierte Bewertung, deren positives Ergebnis wiederum Voraussetzung  für die Aufnahme des Projekts in den Nahverkehrsplan und die Aufnahme in die Förderprogramme des Landes ist.

 

Im Anschluss an den Vortrag ergab eine Probeabstimmung unter den Zuhörern ein eindeutige Zustimmung für das Projekt Seilbahn.

 

Die zu diesem Vortrag gezeigten Folien finden Sie im Download – Bereich der Bezirksvereinigung Berg - Mark